Denkmalpflege selbstverwaltet: Das Konzept der „Mieterselbstverwaltung Schröderstift“ ist schon etwas ausgefallen. Aus einer Hausbesetzung 1981 gegründet, um das historische Wohnstift vor dem Abriss zu schützen, verwaltet der Mieterverein bis heute nicht nur sich selbst. Seit fast 40 Jahren folgt er seinem selbstauferlegten Grundsatz, sozial Schwache aufzunehmen, die Mieten klein zu halten und die Gebäude des Schröderstifts denkmalgerecht instand zu halten.

Doch zunächst etwas zur Geschichte dieser beeindruckenden Gebäude. Damals noch auf dem sogenannten „Papenland“ vor den Toren Hamburgs gebaut, befindet sich die um einen Ehrenhof arrangierte Backsteinanlage mit ihren 52 Wohneinheiten und der zentralen Kapelle heute im Herzen von Hamburg. Das Papenland war damals staatliches Gelände zwischen Hamburg und Altona, das ab 1860 in Verbindung mit der Eisenbahn langsam erschlossen wurde. 1852 ließ Johann Heinrich Schröder dort das dreiflügelige Wohnstift im Stil des Historismus nach dem Entwurf des Architekten Albert Rosengarten für „Personen des höheren Standes“ errichten und gründete somit die „Johann Heinrich Schröder’s mildthätige Stiftung“ oder kurz das „Schröderstift“. 1862 und 1874 entstanden weitere Bauten des gleichen Stils. 1896 ließen die Kinder des Stifters die Kapelle mit kupferner Tambourkuppel entsprechend der Entwürfe des Architekten Albert Petersen zur prächtigen Grablege in Form einer marmornen Kapelle im Rundbogenstil erweitern.

Im Zweiten Weltkrieg wurden große Teile der Gebäude durch Brandbomben beschädigt. Zwar gelang es der Stiftung mittels Spenden einen Teil zumindest behelfsmäßig wiederherzustellen, aber in den 1960er Jahren entsprach die Ausstattung nicht mehr den Wohnstandards. So gab es zum Beispiel noch Kohleöfen oder Toiletten auf den Hausfluren. Etwa zeitgleich benötigte die Universität Hamburg dringend Erweiterungsflächen für die steigende Zahl der Studierenden. Die Stadt bot der Stiftung daraufhin 11 Millionen Mark für einen Neubau auf einem großen Ausweichgrundstück in Kiwittsmoor an und hob nach deren Auszug den Denkmalschutz der Bestandsgebäude auf, um Platz für die geplanten Neubauten der Universität zu machen. Und tatsächlich wurden im Jahre 1971 schon drei Gebäude im hinteren Teil der Stiftsanlage für den Neubau des 18-stöckigen Geomatikums abgerissen. Die Dreiflügelanlage und einer der Erweiterungsbauten am Schröderstiftweg wurde vorerst verschont und dem Studentenwerk und der griechisch-orthodoxen Gemeinde Hamburgs zur Zwischennutzung überlassen. Während dieser Zeit gründete sich die Mieterinitiative Schröderstift, die quasi den Grundstein für die spätere Mieterselbstverwaltung legte.

Der Abriss der übrigen Gebäude war jedoch immer noch geplant. Als im Herbst 1980 die Mietverträge der Studierenden gekündigt wurden, begannen diese allerdings einfach ihre Miete auf ein Sperrkonto zu zahlen und machten der Stadt Hamburg den Vorschlag, das Gebäude in Eigenregie denkmalgerecht instand zusetzen – und zwar für niedrigere Kosten als die des Abrisses. Nach einem Jahr der Verhandlungen, Demonstrationen und Unterschriftenaktionen willigte die Stadt schließlich ein und überließ der Initiative das Grundstück per Leihvertrag und einer einmaligen Zuwendung von 869.000 DM. Es folgte im Sommer 1982 der Auftakt der Instandsetzung in Eigeninitiative, wie sie bis heute gemeinschaftlich praktiziert wird.

Die Mieterselbstverwaltung kümmert sich behutsam um den Erhalt dieses herausragenden Denkmals und zeigt zudem auf, dass ein sozial orientiertes und selbstverwaltetes Projekt auch nach so langer Zeit noch Bestand haben kann. Immer mal wieder werden Stimmen laut, die den wertvollen Baugrund an dieser exponierten Stelle in den Fokus des öffentlichen Interesses ziehen. 2022 wurde der Vertrag aber erstmal um 15 Jahre verlängert. Für den Denkmalverein steht außer Frage, dass ein für Hamburg so bemerkenswertes Denkmalschutz-Projekt unbedingt unterstützt und erhalten werden sollte.

Fotos: Kristina Sassenscheidt